Tag 2 MACHN 2024: Innovation und Networking in Leipzig
Serie: MACHN Festival
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Der zweite Tag des MACHN 2024 begann mit Regen, als ich um etwa 9:30 Uhr auf dem Gelände ankam. Trotz des schlechten Wetters verlief der Morgen überraschend reibungslos. Aufgrund des Wetters war der Speakers Corner geschlossen, aber die VeranstalterInnen reagierten schnell und verlegten den Vortrag. Diese Änderung wurde effizient über die Event-App kommuniziert, die uns stets auf dem Laufenden hielt und beeindruckend gut funktionierte. So waren wir trotz des Wetters bestens informiert und konnten uns auf einen weiteren spannenden Tag voller inspirierender Talks und Workshops freuen.
Gamification für Business-Anwendungen
Der erste Talk des zweiten Tages war "Gamification für Business-Anwendungen" mit Tom Potutschek, Co-Founder und COO von Gecko.2. Der Creative Bereich war voll, nachdem der Talk wegen des Regens dorthin verlegt worden war. Tom erklärte, dass Gamification keineswegs nur Spielerei ist. Im Gegenteil, das Spiel sei die höchste Form der Forschung, wie Albert Einstein es ausdrückte. Das Durchschnittsalter spielender Personen liegt übrigens bei 37,9 Jahren. Spielen ist mittlerweile also die Norm, nicht die Ausnahme. Er stellte das Projekt "Taara Quest“ vor, Women Empowerment als Rollenspiel, das zeigt, wie Gamification für gesellschaftliche Ziele eingesetzt werden kann. Auch U-Sharp wurde uns präsentiert, ein Projekt, bei dem SpielerInnen mehr über C# erfahren.
Was nehme ich mit?
- Gamification besteht zu 75% aus Psychologie und zu 25% aus Technologie.
- Bekannt für ihre erfolgreiche Gamification sind Anwendungen wie Duolingo, Apple Fitness mit seinen Medaillen und die AOK Plus App.
- Ein wichtiger Aspekt bei der Gamification ist die Möglichkeit, Ziele selbstständig setzen zu können.
- Tom stellte uns außerdem Bartles Spielertypen vor: Killer, Achiever, Socializer und Explorer. Je nachdem, welchen Archetypus jemand bevorzugt, wird ihm oder ihr ein Spiel gefallen — oder eben nicht.
Wenn schon lost, dann hier - Social Media für Gen Z
Der Workshop "Wenn schon lost, dann hier – Social Media für Gen Z" mit Sophia Schmelz, Ralitsa Benkova und Johanna Hertel von foma studios bot tiefe Einblicke in die Social-Media-Welt der Generation Z. Geboren zwischen 1997 und 2012, sind sie mit Smartphones und Social Media aufgewachsen. Die Generation zeichnet sich durch eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und offene, direkte, trotzdem oft wertschätzende Kommunikation aus. Viele befinden sich in einer Quarter Life Crisis, was durch die großen Umbrüche in ihrem Leben (Studium, Auszug …) verstärkt wird. Die jungen Erwachsenen befinden sich deswegen in einem Spannungsfeld zwischen FOMO (Fear of Missing Out) und aktivem Slow Living. Gen Z ist emotional, sensibel und identifiziert sich stark mit Themen wie Gerechtigkeit und Gleichheit. Sie legt Wert auf Zeit für Privates und zeigt ein reduziertes Commitment in Beziehungen, Jobs und Freundschaften. Luxuskonsum ist verbreitet, weil sich "sparen" nicht lohnt.
Was nehme ich mit?
- Auf Social Media setzt die Generation Z auf Trendbezogenheit, Bubbles und Communities. Die Frage "Was funktioniert auf Social Media und wie passt es zu mir?" ist deswegen für Marken zentral.
- Memes, Parodien, Nonsens, Kommentare, Infoposts, Filter und UGC (User Generated Content) sind die bevorzugten Inhalte.
- Das Design ist fluide, bricht Regeln und ist trendy. Die Gen Z ist mit einem hohen Level an Selbstinszenierung aufgewachsen. Ihre Trends gehen zurück zu den Wurzeln mit einem analogen Stil und Materialmix.
- Die 2000er sind zurück: Y2K-Elementen, Gothic Symbole und Schriften, Chrome und Rave-Elemente sind in vielen Designs zu finden.
Foma Studios präsentiert sich souverän und inhaltsstark. Zu finden sind sie zum Beispiel auf Instagram.
Ebenfalls eine absolute Empfehlung von mir.
Nach diesem Vortrag gab es noch eine Pizza für mich. Man muss sich ja auch treu bleiben. Dieses Mal unter einem Regenschirm und mit interessanten Gesprächen zu KI und App-Entwicklung. Denn auch das Socializing darf auf so einem Festival natürlich nicht zu kurz kommen! Nach der Stärkung ging es dann auch direkt weiter.
KI in Medienunternehmen verstehen, erleben und anwenden
Der Talk "KI in Medienunternehmen verstehen, erleben und anwenden" mit Nadine Mosch, Annie Reischmann und Martin Paul von MDR next bot einen umfassenden Einblick, wie der MDR seine MitarbeiterInnen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz fit macht. Nadine, Annie und Martin erklärten, dass es eine Vielzahl interner KI-Veranstaltungen gibt, die darauf abzielen, das Wissen und die Fähigkeiten der MitarbeiterInnen im Bereich KI zu erweitern. Dazu gehören KI-Talks, Maker Days, Entdeckertage, Werkstätten und ein Ideenprogramm. Diese Veranstaltungen bieten eine Plattform, um sich intensiv mit KI-Themen auseinanderzusetzen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Der KI-Beirat des MDR hat zudem umfassende Guidelines erstellt, die als Leitfaden für den sicheren und effizienten Einsatz von KI-Technologien dienen.
Was nehme ich mit?
- Viel MDR-spezifisches Wissen. Besser hätte es mir gefallen, wenn sich der Vortrag an Medienunternehmen allgemein gerichtet hätte. Schade, aber auch eher persönliche Präferenz.
Internationalization 101: Why, When & How to Internationalize Your Startup
Der für mich einzige englischsprachige Talk, "Internationalization 101", wurde von Divotsna, Global Scaling Advisor bei der Start2 Group, gehalten. Sie bot ihren ZuhörerInnen viele praktische Ratschläge für die Navigation auf internationalen Märkten. Divotsna betonte, dass es wichtig ist, so viel Unterstützung wie möglich zu erhalten und schnell zu scheitern, um aus Fehlern zu lernen und sich zu verbessern. Sie nannte Momente, in denen große Unternehmen Schwierigkeiten hatten: Walmart scheiterte aufgrund von Gewerkschaften, Uber unterschätzte den lokalen Markt in Asien, und Starbucks musste sich großflächig wieder aus Australien zurückziehen, weil die Getränke dort als zu süß empfunden wurden.
Was nehme ich mit?
- Viele Unternehmen denken, dass Internationalisierung nicht relevant oder zu teuer ist. Doch der beste Grund für Globalisierung ist der schnelle Zugang zu wachsenden Märkten.
- Neue Ökosysteme und Ressourcen wie Talent und Wissen stehen zur Verfügung. Außerdem besteht die Chance der Unterstützung bei der Finanzierung und Einkommenserzielung.
- Ein entscheidender Rat war: "Follow the Need, not the Contacts." Globalisierung bedeutet nicht nur, neue KundInnen zu finden und bekannten Wegen zu folgen, sondern auch, Risiken einzugehen und etwas zu wagen, das die Konkurrenz noch nicht bietet.
Startup Pitches: MedTech & LifeScience
Der nächste Programmpunkt auf dem MACHN 2024 waren für mich die Startup Pitches in der Innovation Area. Drei vielversprechende Startups präsentierten ihre innovativen Ideen und Lösungen im Bereich MedTech und LifeScience.
Den Anfang machte Falk Zakrzewski, Co-Founder und Managing Director von Katana Labs. Er stellte ein KI-System zur assistierten Tumor-Auswertung vor. Diese Technologie verspricht die Tumordiagnose zu revolutionieren und ÄrztInnen dabei zu helfen, schneller und präziser zu arbeiten.
Anschließend präsentierte Alf Arnold, Co-Founder und CEO von JYMMiN, ihre innovative Lösung im Bereich Audio-Gamification für Reha und Fitness. JYMMiN kombiniert Musik und Spielmechaniken, um den Rehabilitationsprozess und Fitnessübungen motivierender und effektiver zu gestalten.
Coachwhisperer bietet ein System zum Live-Coaching für Sportevents an. Leider konnte ich den Vortrag des dritten Startups nicht vollständig anhören, da ich zum nächsten Vortrag los musste. Hier wurde es etwas tricky. Durch den Regen und die dadurch entstandenen Umbauarbeiten hatten sich Programmpunkte verschoben.
Image im Eimer – Warum der Osten eine neue Erzählung braucht
Der Vortrag von Joerg G. Fieback, Mitbegründer und CEO der zebra | group aus Chemnitz, war ein nachdenklich stimmendes Highlight auf dem MACHN 2024. Joerg stellte eindrucksvoll dar, wie wichtig es ist, dass Unternehmen, Agenturen und Kreative eine aktive Rolle dabei spielen, das Image des Ostens zu verbessern. Er hob hervor, dass die rechtsgerichteten Einstellungen in Ostdeutschland nach wie vor zu verbreitet und sichtbar sind und grenzübergreifend eine Skepsis gegenüber Ostdeutschen als ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen besteht. Auch der Osten als Wirtschaftsstandort und Region wird dadurch abgewertet. Joerg betonte die Notwendigkeit einer klaren politischen Positionierung gegen Rechts als Führungskraft und die Wichtigkeit, eigene Resonanzräume zu nutzen. Er appellierte daran, nicht auf die Politik zu warten, sondern die eigene Power zu nutzen und Verantwortung zu übernehmen. Ein äußerst wichtiger und inspirierender Vortrag.
Was nehme ich mit?
- Rechten Idealen die Stirn zu bieten ist nicht nur aus menschlicher Sicht vernünftig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll.
- Joerg teilte eine Liste von inspirierenden Menschen, die genau das schon getan haben oder tun. Könnt ihr hier auf seinem LinkedIn finden.
Schließt euch an. Geht raus. Geht wählen. Nicht nur reden. Auch machn.
Jack Pop’s Circus of Science: Weirde Wissenschaft trifft Start-Up-Spirit
Hier gab es einen faszinierenden Einblick in die Welt der außergewöhnlichen Forschung und Innovationen. Der Vortrag begann mit einer kurzen Geschichte der bekloppten Forschung, die uns auf eine Reise durch außergewöhnliche Erfindungen, absurde Wissenschaft und kuriose Innovationen mitnahm. Leider konnte ich den Vortrag nicht bis zum Ende verfolgen, da ich zum nächsten Programmpunkt weiter musste. Dennoch war es eine wundervoll kuriose und inspirierende Präsentation, die zeigte, dass Wissenschaft nicht nur ernsthaft, sondern auch unterhaltsam und innovativ sein kann.
Was nehme ich mit?
- Es gibt einen Ig-Nobelpreis, der für komische und ungewöhnliche Forschung verliehen wird. Die GewinnerInnen werden übrigens traditionell mit Papierfliegern beschossen.
Wenn Psychologie auf Werbung trifft: Wie Neuro-Design unsere Wahrnehmung und Entscheidungen beeinflusst
Daniel Wieland, „Kreativtyp“ und Inhaber von Wieland Medien, gab uns spannende Einblicke in die Welt des Neuro-Designs. Dabei handelt es sich um eine Form der Gestaltung, die Verhaltensänderungen auslöst. Unser Gehirn zerlegt wahrgenommene Eindrücke, bewertet, filtert und setzt sie zusammen. Objektive Wirklichkeit wird so durch unsere Wahrnehmung zur subjektiven Wirklichkeit.
Er stellte zwei kognitive Systeme vor:
- Kognitives System 1: Autopilot, den wir 80% der Zeit verwenden, obwohl er fehleranfällig ist, weil er Ressourcen spart.
- Kognitives System 2: Aktives Mitdenken und Konzentration.
Was nehme ich mit?
- Ein interessanter Punkt war der kognitive Reflexionstest, bei dem 83% der Menschen mindestens einen Fehler in drei recht einfachen Fragen machen. Wenn jedoch die Aufgaben durch äußere Umstände (z.B. schlechte Druckqualität) aktiver bearbeitet werden müssen, sinkt die Fehlerquote auf nur 23%.
- Das zeigt, dass wir bei vermeintlich einfachen Aufgaben im Autopilot-Modus häufiger Fehler machen, während bewusste Anstrengung die Genauigkeit erhöhen kann.
Guerilla-Marketing gegen Verpackungsmüll aus Plastik
Der letzte Vortrag des Tages war für mich von Christian Fenner, CMO und Co-Founder von nucao. Er erklärte, dass Schokolade oft ein richtiger Klimasünder ist, vor allem wegen der Regenwaldabholzung. nucao setzt hingegen auf Agroforstwirtschaft mit Artenvielfalt und Biodiversität, um diesem Problem entgegenzuwirken. Aber sie wollen noch mehr machen. Deswegen haben sie sich vorgenommen, Plastik aus ihren Verpackungen zu verbannen. Weltweit fallen jährlich 400 Millionen Tonnen Plastikmüll an, von denen 36% auf Verpackungen entfallen. Nur 14% davon werden recycelt, während 32% direkt zur Umweltverschmutzung beitragen. nucao hat als erste Schokoladenfirma komplett auf 100% Papierverpackung von Koehler umgestellt, um Plastikmüll zu vermeiden. Um das zu bewerben, haben sie sich aufs Guerilla Marketing verlassen. Und wie das aussehen kann, seht ihr auf Instagram.
Was nehme ich mit?
- Boostet eure Inhalte nur, wenn die Community schon daran interessiert ist. Konkret heißt das, Inhalte werden ab 10.000 Views und einem Engagement von mehr als 5% mit finanziellen Mitteln gepusht.
- Aufbauende Folgen im Stil einer Fernsehserie (inklusive des Cliffhangers!) wirken gut. Sie verleiten dazu, alle anderen Episoden auch anschauen zu wollen.
- Postings auf dem Firmenaccount können durch Umfragen und die Einbeziehung der Community ergänzt werden. Aber auch der Privataccount ist ein Tool, das nicht unterschätzt werden sollte.
- Am Ende des Tages gilt: Menschen folgen Menschen.
Fazit?
Trotz der langen Akkreditierungsphase an Tag eins und des regnerischen Starts in den zweiten Tag, die den Beginn etwas holprig machten, war das Festival sehenswert. Nach zwei Tagen voller neuer Erkenntnisse, Kontakte und inspirierender Gespräche freuen wir uns auf das nächste Jahr.
Bis dahin – nicht so viel reden, einfach MACHN!
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