Frauen in der IT — Die Geschichte der Ada Lovelace

Serie: Frauen in der IT
Take-aways

Jedes Jahr am 26. August ist Frauen-Gleichstellungstag. Er stammt aus den USA und feiert das geschlechterübergreifende Wahlrecht und die Diversität.
Ada Lovelace gilt heute als die erste Programmiererin und gedankliche Begründerin der Informationstechnologie. Ihr Verständnis für die zugrunde liegenden Konzepte von Computern war ihrer Zeit weit voraus.
Ihr Andenken wird mit einer Programmiersprache, einem Award, einer Kryptowährung und vielen weiteren Medien geehrt.

Der Frauen-Gleichstellungstag

The Silent Sentinels, eine Frauenrechtsgruppe aus den Vereinigten Staaten, kämpfte 1917 für gleichberechtigtes Wahlrecht zwischen den Geschlechtern. Damals protestierte die Gruppe für 18 Monate vor dem Weißen Haus, bevor am 26. August 1920 mit der 19. Änderung zur Verfassung der Vereinigten Staaten das Wahlrecht auch für Frauen genehmigt wurde. Das Ereignis vor 101 Jahren war ein großer Schritt zur Gleichstellung von Frauen.
Uns ist Diversität wichtig - generell und in der IT. Nachdem wir euch bereits etwas über Grace Hopper erzählt haben, stellen wir euch heute eine weitere sehr wichtige Frau für die IT vor – Ada Lovelace.

Wer war Ada Lovelace?

Ada wurde 1815 in England als Tochter des bedeutenden Dichters Lord Byron geboren.

Trotz weitgehend verwehrten Zugangs zu öffentlicher Bildung für Frauen erhielt sie auf Anregung der Mutter eine umfassende private Ausbildung in Mathematik, Naturwissenschaften und Musik.

Heute gilt sie als die erste Programmiererin überhaupt, denn ihre Ideen sind Basis für die Entwicklung der Informationstechnologie. Zusammen mit Charles Babbage und seiner Analytical Engine legte sie den Grundstein für Algorithmen und moderne Computer.

Ada Lovelace
Der akademische Weg und die Errungenschaften der Ada Lovelace

Trotz schlechter Bildungschancen für Mädchen und Frauen verbrachte Lovelace viel Zeit mit dem Selbststudium neuer Erfindungen und technischer Diagramme. Der Gedanke, fliegen zu können, faszinierte sie ebenso wie der Wunsch, das Gehirn mathematisch zu beschreiben. Sie zeigte Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften und bewies Ehrgeiz bei der Vereinbarkeit sozialer und familiärer Verpflichtungen auf der einen und ihrem Forschungsdrang auf der anderen Seite.

Zu dieser Zeit waren viele Wissenschaftlerinnen auf die Hilfe von Männern angewiesen, um Zugangsbeschränkungen zu akademischen Inhalten zu umgehen. Lovelace heiratete 1835 Baron William King, der sich für sie in die Royal Society aufnehmen ließ, um Zugang zu Bibliotheken und Universitäten zu erhalten, wo er Artikel für seine Frau abschrieb.

Im Rahmen ihres mathematischen Studiums lernte Lovelace Mary Somerville und Charles Babbage kennen. Nach langjähriger wissenschaftlicher Korrespondenz wurde sie Babbages Mitarbeiterin. Die Analytical Engine, eine Vorform des modernen Computers, war Gegenstand ihrer Zusammenarbeit. 1842 hielt Babbage einen Vortrag über seine Erfindung. Auf dessen Grundlage fertigte Luigi Menabrea eine Beschreibung auf Französisch an, die Lovelace ins Englische übersetzte und umfassend durch eigene Notizen ergänzte. Diese „Notes“ waren etwa doppelt so lang wie der Artikel selbst und formulieren die Grundgedanken des Programmierens. Sie waren dem aktuellen Stand der Forschung konzeptuell weit voraus. Sie legte ihren Notes einen schriftlichen Plan zur Berechnung der Bernoulli-Zahlen in Diagrammform vor, der als das erste veröffentlichte formale Programm gelten kann.

Die Analytical Engine – ihrer Zeit weit voraus

Eigentlich wollte Babbage lediglich eine mechanische Rechenmaschine zur Lösung polynomialer Funktionen bauen. Er realisierte aber, dass eine allgemeinere Maschine auf Basis seiner Ideen möglich war und dachte um.

Das Resultat war die Analytical Engine. Sie sollte aus 55.000 Teilen bestehen. Insgesamt hätte die Maschine eine Länge von 19 sowie eine Höhe von 3 Metern gehabt. Die Maschine hätte über einen Drucker, Kurven-Plotter oder eine Glocke ihre Ergebnisse ausgeben und Zahlen entweder in Lochkarten oder Metallplatten stanzen können. Sie sollte die vier Grundrechenarten beherrschen und hätte je nach Entwurf 100 - 1.000 Zahlen mit 40-50 Dezimalstellen in einer Art Arbeitsspeicher halten können.

Die Maschine wurde zu Babbages Lebzeiten nicht gebaut, zum einen, weil der Entwurf für damalige Zeiten zu kleinteilig war, zum anderen, weil das britische Parlament die Finanzierung verweigerte, nachdem schon der Vorgänger finanziert wurde. Vergleichbare Computer wurden deswegen erst etwa ein Jahrhundert später gebaut und getestet. Inzwischen ist bekannt, dass der Entwurf korrekt war und die Analytical Engine funktioniert hätte.

Ada Lovelace und die Erfindung des Programmierens

Während Babbage nur eine Rechenmaschine herstellen wollte, erkannte Lovelace das innovative Potenzial hinter seiner Idee. Sie verstand, dass man die Maschine nutzen könnte, um mehr als nur Zahlen zu bearbeiten. Damit formulierte sie eine der Grundideen der Informatik - die systematische Verarbeitung von Informationen.

Lovelace bemerkte die notwendige Unterscheidung in den physischen Teil der Maschine (Kupferräder, Lochkarten etc.) und den konzeptuellen Part, also die Option automatischer Berechnungen. Damit beschrieb sie erstmals die Trennung zwischen Hardware und Software.

Sie erklärte, dass eine Maschine einer Analyse folgen kann, aber keine Verhältnisse und Wahrheiten überprüft, also keinen eigenen Geist und keine eigenen Erkenntnisse haben kann. Alan Turing sprach sich etwa hundert Jahre später in seinem Artikel Computing Machinery and Intelligence gegen diese Aussage aus. Sowohl Lovelace als auch Turins Thesen sind noch heute Gegenstand vieler Debatten in Informatik und Philosophie.

Kritiker wie der Charles-Babbage-Forscher Doron Swade führen übrigens an, dass Lovelace nicht als erste Programmiererin gelten sollte, da Babbage die Maschine entworfen hat. Seine persönlichen Aufzeichnungen enthielten bereits 6-7 Jahre vor Lovelaces Notes Programme für die Maschine. Allerdings betont Swade auch, dass Lovelaces originelles Verständnis der Fähigkeiten und Potenziale des Computers einen weit bedeutenderen Beitrag darstellen, als die bloße Erfindung.

Was bleibt von Ada Lovelace?

Das Vermächtnis von Lovelace ist fundamental – und das, obwohl es für eine Zeit in Vergessenheit geraten ist. Rückblickend wurde Lovelace aber umfassend geehrt – zum Beispiel durch die nach ihr benannte Programmiersprache Ada und den von der Association of Women in Computing verliehenen Ada Lovelace Award. Außerdem gibt es Initiativen für mehr Frauen in den Tech-Bereichen die ihren Namen tragen und mehrere Bücher, Websites, einen Film und die Kryptowährung “Ada”. Mitte Oktober gibt es jedes Jahr den Ada Lovelace Day, an dem Frauen und ihre Werke in wissenschaftlichen, technischen und mathematischen Bereichen geehrt werden.

Abschließende Gedanken

In seinem Aufsatz "Wie Programmieren eine Männerdomäne wurde" schreibt der amerikanische Historiker Nathan Ensmenger: "Programmieren war anfangs als Arbeit für Bürokräfte mit niedrigem Status gedacht - also für Frauen. Die Disziplin wurde erst nach und nach bewusst in ein wissenschaftliches, männliches Fach mit hohem Status transformiert". Heute wird Programmieren mehr und mehr als reiner Männerbereich gesehen – und das, obwohl Lovelaces Ideen die Basis der modernen Computer-Wissenschaft waren und Frauen eine Pionierrolle in der Informationstechnik einnahmen. Wir finden, Software-Programmierung muss wieder zugänglicher für Frauen gemacht werden – nicht zuletzt dadurch, dass ihre Geschichten erzählt werden.

Weitere Informationen

Weitere Informationen und spannende Fakten zu Lovelaces Leben könnt ihr hier finden:


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